Am 23. Juni 2016 entscheiden die Briten über den EU-Austritt des Landes (sog. Brexit). Laut aktuellen Umfragen ist das Abstimmungsergebnis noch völlig offen. Experten rechnen im Falle des Brexits mit weitreichenden Folgen für Großbritannien und die EU. Kreditnehmer von Fremdwährungsdarlehen in Schweizer Franken verfolgen die Entwicklung mit besonderer Aufmerksamkeit.
Folgen eines EU-Austritts Großbritanniens für den Wechselkurs Euro/Schweizer Franken
Im Falle des EU-Ausstritts wäre mit einer erheblichen Abwertung des Euro gegenüber dem Schweizer Franken zu rechnen. Denn ein Brexit würde auch die Zukunft und Existenzfähigkeit der EU in Frage stellen.
Da diese Entwicklung der exportorientierten Schweizer Wirtschaft schaden würde, würde die Schweizerische Notenbank (SNB) sofort alle Maßnahmen ergreifen, um den Höhenflug des Franken zu begrenzen. Dennoch dürfte die Aufwertung des Schweizer Franken nicht ganz zu stoppen sein. Nach Ansicht des weltbekannten Ökonomen Nouriel Roubini wäre es denkbar, dass der Franken bis zur Parität mit dem Euro oder sogar darüber hinaus aufwertet.
Folgen des Brexits für Fremdwährungskredite in Schweizer Franken
Die Abwertung des Euro gegenüber dem Schweizer Franken würde sich in vielen Bereichen auswirken. Schwer betroffen wären Kreditnehmer von Fremdwährungsdarlehen in Schweizer Franken, da ihre Schulden dadurch faktisch steigen würden.
Zahlreiche Kreditnehmer haben in den vergangenen Jahren Fremdwährungskredite in Schweizer Franken aufgenommen, um das niedrige Zinsniveau in der Schweiz auszunutzen. Besonders in Österreich sind Fremdwährungskredite seit den späten 1990er-Jahren sehr beliebt – im Jahre 2008 war etwa ein Drittel des Privatkreditvolumens in fremden Währungen vereinbart. Nach Berechnungen der Süddeutschen Zeitung betrug das Volumen von Fremdwährungskrediten im Jahr 2011 7,1 Milliarden Euro.
Da sich aber das Zinsniveau in der Folgezeit in Deutschland und Österreich ermäßigt hat und der Kurs des Schweizer Franken stark angestiegen ist, haben die Kreditnehmer teilweise erhebliche Verluste erlitten. Sollte es zu einem Brexit kommen, wäre die Abwertung des Euro für viele Kreditnehmer aus Deutschland und Österreich sogar existenzbedrohend.
Außer den erhöhten Kreditkosten drohen Kreditnehmern Forderungen auf Nachbesicherung seitens der finanzierenden Banken. Bei Immobilienkrediten sind auch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen seitens der Banken möglich. Unter Umständen muss auch mit Kündigungen der Darlehen gerechnet werden.
Im Hinblick auf diese Gefahren empfiehlt es sich die Darlehensverträge rechtzeitig von spezialisierten Anwälten überprüfen zu lassen. Nach unserer Erfahrung lässt sich in vielen Fällen die Darlehenslast reduzieren, indem die Darlehensverträge widerrufen werden oder Schadensersatzansprüche gegen die Banken geltend gemacht werden.
Widerruf von Fremdwährungskrediten
In den vergangenen Jahren war der Widerruf von Kreditverträgen in vielen Fällen aufgrund fehlerhafter Widerrufsbelehrungen auch nach Ablauf der Widerrufrist möglich. Dadurch konnten die Verbindlichkeiten aus
Fremdwährungskrediten deutlich vermindert werden.
Die Widerrufsmöglichkeiten wurden allerdings erheblich eingeschränkt nachdem der Bundestag am 18. Februar 2016 beschlossen hat, das Widerrufsrecht für Verträge, die zwischen dem 1. September 2002 und dem 10. Juni 2010 abgeschlossen worden sind auslaufen zu lassen. Verbraucher können in diesen Fällen nur noch bis zum 21. Juni 2016 von ihrem möglicherweise bestehenden Widerrufsrecht Gebrauch machen.
Für Verträge, die nach dem 10. Juni 2010 abgeschlossen worden sind, besteht grundsätzlich weiterhin die Möglichkeit des Widerrufs. Wann ein Widerruf möglich und sinnvoll ist, bedarf einer umfassenden Überprüfung im Einzelfall.
Schadensersatz oder Rückabwicklung bei Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten
Beim Abschluss von Fremdwährungskrediten sind umfassende Hinweis-, Aufklärungs- und Beratungspflichten zu beachten, da die Kreditnehmer auf die zahlreichen Risiken aufmerksam gemacht werden müssen. Werden diese Pflichten nicht hinreichend beachtet und entsteht dadurch dem Kreditnehmer ein Schaden, kommen Schadensersatzansprüche gegen die Banken und Berater sowie die Rückabwicklung des Darlehens in Betracht.
Dabei ist insbesondere erforderlich, dass die konkreten finanziellen Folgen deutlich genannt und erörtert werden und nicht lediglich abstrakt auf Risiken hingewiesen wird. In den vergangenen Jahren haben viele Gerichte in Deutschland und Österreich die Aufklärungs- und Beratungspflichten konkretisiert und dadurch für mehr Klarheit bezüglich der Rechte der Kreditnehmer gesorgt. Aufgrund der Komplexität dieser Problematik empfiehlt es sich die den Verträgen zugrunde liegenden Bedingungen durch einen spezialisierten Rechtsanwalt überprüfen lassen. Nach unserer Erfahrung haben die Kreditnehmer oft sehr gute Chancen die Verbindlichkeiten aus Fremdwährungskrediten zu mindern.
Die Anwaltskanzlei Herfurtner steht Ihnen bei Fragen im Zusammenhang mit Fremdwährungskrediten bundesweit zur Verfügung.
Autor: Rechtsanwalt Vladislav Dimitrov
Der Beitrag Brexit – mögliche Folgen für Fremdwährungskredit in Schweizer Franken erschien zuerst auf Rechtsanwalt Wolfgang Herfurtner.